
Tirana und darüber hinaus
Nach erholter Nacht und entspanntem Start in den Tag geht es mit Taxifahrer Melvin (nicht von den Chipmunks, aber ähnlich redselig) mitten ins Herz von Tirana: wir stehen direkt auf dem Sheshi Skënderbej, dem Mittelpunkt der Stadt. Hier wird der stadtbildprägende Mix auch einprägsam sichtbar: faschistische Elemente gepaart mit jungen Bäumen und farbenfrohen Anstrichen, die moderner Stadtentwicklung zu danken sind.
Tirana ist schwer zu greifen- trotz großem zentralen Platz zerläuft die Stadt darum herum, keine eindeutigen Menschenströme machen es uns schwer, in welche Richtung wir uns bewegen sollen, wirkliche Sehenswürdigkeiten sind eher dünn gesät und sehr verteilt.
Knapp 14 sternförmig erlaufene Kilometer später bestätigt sich der Eindruck: ein wirkliches Zentrum über den Platz hinaus haben wir nicht gefunden, sondern vielmehr ein weiteres Mal krasse Gegensätzlichkeiten. Ein ganzes Stück in den Norden gelaufen offenbart sich ein Straßenbild geprägt von Mini-Läden, Kleinst-Werkstätten, fliegenden Händlern, Zigaretten verkaufenden Straßenkinder, während im angesagten Bllock am Abend die teuersten Autos, dicksten Uhren und Designermode ausgeführt wird. Melvin bestätigt uns auf der Hinfahrt auch: das Auto kommt in Albanien vor allem anderen und wird mindestens zweimal am Tag gewaschen. Er kann nicht glauben, dass wir unsere Autos ungefähr 2 (Mimi) bis 4 (Alex) Mal im Jahr (!) waschen und will prompt wissen, was für eine Marke wir fahren ? Er glaubt uns aber -glaube ich- nicht, dass es in Deutschland einfach nicht so dusty ist- könnte an den durchgängig geteerten Straßen liegen ?
Dazwischen liegt das „Erbe“ des Diktators Enver Hoxha: seine Villa im zu Hoxha-Zeiten komplett abgeriegelten Bllock-Viertel, in dem es sich die diktatorische Elite -wohlgemerkt nach westlichem Standard ! – gutgehen ließ während er im Land Bunker um Bunker bauen ließ zum angeblichen Schutz gegen westliche Übergriffe, um gleichzeitig das Land und die Bevölkerung in die totale Isolation und den völligen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ruin zu führen.
Fast ist es schön anzuschauen, dass das von seiner Tochter entworfene Gebäude und als Personenkult- Museum für ihn eingeweihte Gebäude heute ein baufälliges Trauerspiel darstellt:
In unser beider Empfinden haben wir von albanischer Politik bisher wenig mitbekommen- vielleicht waren wir zu entsprechenden Umsturz-Zeiten zu jung, vielleicht haben wir es überhört, vielleicht fehlte die (West-)mediale Aufmerksamkeit: erschreckend ist, dass dies alles eigentlich noch gar nicht so lange her ist- das Archiv der ehemaligen Staatssicherheit Sigurimi wurde erst vor drei Jahren für die Bevölkerung mehr oder weniger zugänglich gemacht, im Bunker’art 2 ist seit 2016 die diktatorische Geschichte des Landes aufgearbeitet (das jüngste Museum des Landes), Taxifahrer Melvin erzählt vom Zusammenbruch staatlicher Systeme und kurzzeitiger Übernahme krimineller Outlaws zu Beginn der 90er (ausgehend von Plünderungen staatlicher Munitionsdepots) und das noch heute Stromklau in Albanien üblich sei und in vielen unterirdischen Bunkeranlagen Marihuana angebaut werden würde- wir glauben beides sofort.
Wie es mit einem Land wohl soweit kommen kann? Ein Blick auf steigende Afd-Prozentzahlen in Deutschland oder gar in die Türkei legen die Vermutung nahe, dass es politisch gesehen wohl nicht so schwer ist, mit einfachen Antworten zufriedenzustellen…Durchaus beeindruckt verlassen wir nach bereits beschriebenen opulentem Mahl die Hauptstadt in Richtung Bergland.
⬆️ mehr Flußbett als Fluß- im Frühjahr vermutlich nicht…
Wir beschließen, einen der ältesten Seen überhaupt (nach dem Baikal-See), auf der mazedonischen Seite zu umfahren, überqueren daher heute Mittag die Grenze und landen auf einem super netten, kleinen Plätzchen in Struga direkt am Ohrid-See ?
Auf der Fahrt dahin: ein ehemaliges Industrie-Kombinat…
das sich bei genauem Hinsehen eigentlich als Kunstwerk entpuppt ??
Aktuell hat es hier jetzt (23.00 Uhr) noch 19.2 Grad und wir frieren ein bißchen vor uns hin- ich will jetzt ja nicht meckern ??, aber wir haben uns mittlerweile wohl an die Temperaturen jenseits der 30 Grad gewöhnt ?Добра ноќ
schon wieder eine andere Sprache ?, aber das war mazedonisch für „gute Nacht“
?♀️?